Angst ist eine Emotion, die kulturübergreifend erkannt wird. Ihre Auslöser sind kulturell geprägt, aber der wahre Schutz in der Not ist universell: Jesus Christus. Davon zeugen eindrücklich Erlebnisse von und mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen.

 

Mit letzter Kraft erreichte die Frau die Dorfkirche im westafrikanischen Guinea. Wir steckten mitten im Nachmittagsprogramm der regionalen Pastoren-Retraite, als sie vor uns auf den Boden stürzte und völlig ausser Atem ein paar Worte rief. Einer der Pastoren erklärte mir, dass die Frau beim Arbeiten auf ihrem Feld im Busch einen Dämon gesehen hatte. Sie rannte um ihr Leben zurück ins Dorf. Weil sie mitbekommen hatte, dass alle Pastoren der Region gerade hier versammelt waren, suchte sie bei uns Zuflucht. Sofort bildeten die Pastoren einen Kreis um die Frau und begannen alle gleichzeitig, laut für sie zu beten. Langsam löste sich ihr von Angst verzerrter Gesichtsausdruck.

 

Diese Szene steht mir auch nach Jahren noch lebendig vor Augen, wenn ich an Angst in anderen Kulturen denke. Angst wird zu den Basisemotionen gezählt, die auch kulturübergreifend erkannt werden. Wie kann Angst dann von Kultur abhängen?

 

Ein in Deutschland lebender Afrikaner erzählt, wie er an einem Abend auf dem Nachhauseweg von einer schwarzen Katze um mehrere Hausecken verfolgt wurde. Nur zwei Tage später hörte er mitten in der Nacht laute Geräusche vor dem Fenster. Als er nachschaute, blickte er in die Augen einer schwarzen Katze. Das musste ein geistlicher Angriff von Hexern oder Seelenfressern sein. Erst als die Gebetskämpfer in der christlichen Gemeinde für den Schutz seiner Familie einstanden, fühlte er sich wieder sicher. (berichtet in: Adogame, Afe: «The African Christian Diaspora»)

 

Die Angstgefühle dieses Mannes waren sicher allgemein menschlich, aber ausgelöst wurden sie durch seine kulturell geprägte Weltsicht über die Gefahr, die von bösen Geistern ausgeht. Wie präsent diese Angst sein kann, bemerke ich bei Besuchen in afrikanisch geleiteten Gemeinden in der Schweiz: Ab und zu wird in den Gebeten und Predigten betont, dass Jesus stärker als alle Hexer ist.

 

Mittel gegen die Angst

Ein Muslim aus unserem Quartier in Guinea hatte ein ungutes Gefühl vor einer Reise, auf der er einen Streit in der Grossfamilie schlichten sollte. Um sich zu schützen, brachte er vor der Abfahrt ein grösseres Tieropfer dar. Einen Tag später hörten wir lautes Wehklagen im Hof jener Familie. Das Buschtaxi war in den Strassengraben gerast. Als einziger Fahrgast erlitt unser Nachbar tödliche Verletzungen. Offensichtlich waren die Zaubermittel seiner Gegner stärker gewesen als der Schutz seines Rituals.

 

Andere Kulturen kennen nicht nur andere Auslöser von Angst, sie bieten auch Mittel an, mit denen sie überwunden werden kann. Aber nicht alle sind gleich wirkungsvoll. Afrikanische Christen sind sich einig: Den besten Schutz bietet Gebet im Namen von Jesus.

 

Angst an der eigenen Tür

Wie eine Welle lief es damals durch unsere Nachbarschaft in Guinea: Reihenweise bekamen Teenager-Mädchen Ohnmachtsanfälle und fielen um. Wenn sie wieder zu sich kamen, erzählten sie von einer Begegnung mit einem Dämon. Nach ein paar Tagen erwischte es auch die beste Freundin meiner Tochter. Am Abend fragte sie mich: «Papa, bin ich die Nächste?» Plötzlich war ich nicht mehr in der Beobachterrolle. Jetzt betraf es meine engste Familie und wurde existenziell. Auch meine theologischen Grundüberzeugungen waren auf den Prüfstand geraten. «Nein, du bist nicht die Nächste, weil du an Jesus glaubst und weil Jesus stärker ist als dieser Dämon.» Und wir beteten um den Schutz durch das Blut von Jesus.

 

In den folgenden Tagen hatten weitere Mädchen solche Ohnmachtsanfälle, aber unsere Töchter waren nie betroffen. Nach ein paar Wochen und mehreren gescheiterten animistischen Ritualen riefen die Quartierverantwortlichen die Gebetskämpfer der evangelischen Kirche – erst danach kehrte Ruhe ein.

 

Angst mag kulturell geprägte Auslöser haben, aber der wahre Schutz in der Not ist kulturübergreifend und universell: Jesus Christus, der am Kreuz den Sieg über alle Mächte der sichtbaren und unsichtbaren Welt errungen hat.

 

(Dieser Artikel erschien im Magazin Insist 3/19 (S. 15). Das Heft steht zum Download zur Verfügung.)

Autor: Johannes Müller
Foto: Jon Sullivan [Public domain]
4.10.2019